Sonntag, 3. Juni

Die Fähre nach Valentia Island legt am Renard Point, wenige Kilometer westlich von Cahersiveen ab. Die Überfahrt dauert nur wenige Minuten und doch hat man den Eindruck, in eine völlig andere Welt überzugehen. An der Mole von Knightstown leuchtet der dunkelrote Uhrturm und die langsam näher kommenden weißen Häuser am Strand zeugen von der vielfältigen Geschichte der Insel, die dem Mainland vorgelagert ist und einen der westlichsten Zipfel von Europa bildet.

Die weißen Häuser gehörten nämlich einst zum Telegrafenbetrieb, denn ab Valentia Island verlief einst das Unterseekabel, das die Alte Welt mit dem östlichsten Punkt der Neuen Welt auf Neufundland verband. Nach zwei gescheiterten Versuchen, ein Unterseekabel quer über den Atlantik zu verlegen, kam im Jahr 1866 die erste Kabelverbindung zustande, erstmals konnten Europa und Amerika Nachrichten in Kürze austauschen. Später entstand auf Valentia Island auch eine Funkstation zur Nachrichtenübertragung.

Ungewöhnlich für eine irische Insel war, dass es neben dem Fischfang auch andere Beschäftigungs-möglichkeiten für die Bevölkerung gab. Arbeitsplätze boten das Transatlantikkabel, die Funkstation und vor allem auch der Steinbruch, in dem der schwarzgraue Valentia-Schiefer abgebaut wurde. Der Steinbruch arbeitet heute noch.

Der ältere der beiden Ortschaften ist Chapeltown, während Knightstown, wo die Fähre anlegt, erst im 19. Jahrhundert angelegt wurde. Die Stadt wurde auf dem Reißbrett entworfen. Die Landlords waren die FitzGeralds, die sich auf Glanleam einen Herrensitz errichten ließen. Das milde Klima, das kaum Fröste kennt, lässt subtropische Pflanzen aus aller Welt gedeihen.

Das einst eher beschauliche, nur von wenigen Touristen beachtete Valentia Island erlebt einen ungeheueren Besucheransturm, seit auf der vorgelagerten Insel Skellig Michael der letzte Star-Wars-Flim gedreht wurde. Nur eine beschränkte Besucherzahl darf täglich die im frühen Mittelalter von einigen Mönchen bewohnte Insel besuchen. Man fürchtet eine zu starke Belastung der alten Steintreppen im UNESCO-Weltkulturerbe. Anmelden für den Besuch von Skellig Michael sollte man sich inzwischen um Monate voraus. Ab Portmagee, dem Hafen am Mainland (dem Hafen des Schmuggler und Piraten Magee), legen täglich mehrere Boote ab, die Skellig Michael nur umrunden, aber nicht anlegen. Auch diese Plätze an Bord sind hochbegehrt, die morgendlichen Schlangen am Hafen sind lang.

Valentia Island bietet für sich allein schöne Plätze. Es lohnt der Spaziergang zum Leuchtturm am Crowellian Fort aus dem 17. Jahrhundert.  Der Leuchtturm sollte einst die enge, felsige und gefährliche Passage zwischen Valentia und Beginish Island beleuchteten und sicherer machen . Die Ortsbestimmung von Schiffen war lange Zeit schwierig, weil die Messung des Längengrades nicht möglich war. In Knightstown führt der Altazamuthweg an der Stelle vorbei, wo die Abmessung der geografischen Länge von der Nullstelle in Greenwich im Jahr 1844 gemessen und als Normwert festgelegt wurde.

Vom Geokaun Mountain, mit 270 m die höchste Erhebung von Valentia Island, überschaut man nicht nur das ganze länglich ovale Eiland, sondern sieht westlich im Dunst über dem Meer die Felspyramide das Skellig Michael und nach Osten reicht der Blick bis weit in die Iveragh-Halbinsel.

Vom Aussichtspunkt unterhalb des Gipfels blickt man in die schroffen Klippen von Fogher.
In den Wiesen wachsen Gefleckte Knabenkräuter zu Hunderten.

 

 

 

 

Heath Spotted Orchid, Geflecktes Knabenkraut (Dactylorhiza maculata)

 

Auf den flachen Felsen am Meer westlich des Leuchtturms hat man die ältesten Spuren von Vierbeinern an Land gefunden. Auf ein Alter von 385 Millionen Jahren werden diese Versteinerungen geschätzt.