Immergrün für die Ewigkeit

Mit dem Absterben der Natur im Herbst naht das Gedenken an die Verstorbenen. Schon immer wollten die Menschen das Vergängliche nicht gern wahrhaben. Auf die Gräber pflanzte man immergrüne Gewächse als Hoffnungszeichen für den Fortgang des Lebens.

Die ovalen Zapfen der Zeder stehen aufrecht auf den Zweigen.

Für frühere Völker stellten Bäume eine Verbindung zwischen Himmel und Erde her, weil ihre Krone nach oben ragt und die Wurzeln tief in den Boden eindringen.

Immergrüne Bäume galten schon in den frühen Hochkulturen als „heilig“. Besonders die Zeder stellt ein Gleichnis für die Unsterblichkeit dar. Tatsächlich kann eine Zeder sehr alt werden, nachgewiesen sind 900 Jahre alte Exemplare. Früher galt das Holz als unverrottbar. Der salomonische Tempel in Jerusalem war einst mit Zedernholz ausgetäfelt, der zweite Jerusalemer Tempel war aus Zedernholz gebaut. In der Bibel taucht die Zeder öfter auf. Sie dient als Zeichen für Macht, Stärke und Mut sowie Würde. Der Leib Christi wurde mit Zedernholz verglichen. Die Zeder dient als ein Zeichen für immerwährendes Heil. In alten Kirchenliedern wird Maria als Zeder bezeichnet und der Baum übernimmt oft die Bedeutung von Demut.

Der Zedernbaum streckt seine Äste zur Seite und entwickelt dadurch eine ganz typische bizarre Gestalt. Vom biblischen Baum der Libanon-Zeder gibt es nur noch im Taurus-Gebirge, auf türkischem Staatsgebiet, größere Bestände. Die Wälder nahe am Mittelmeer wurden schon in der Antike gerodet. Zedern gedeihen gut in wintermilden Lagen in Mitteleuropa. Meist wird nicht die Libanon-Zeder, sondern die Atlas-Zeder aus Marokko angepflanzt. Ihre Nadeln sind besonders stark bereift und wirken daher bläulich, was den Zierwert erhöht. In der persischen Gartenkunst und davon abgeleitet in den arabischen Gärten kommt der Zeder eine wichtige Rolle als Schattenspender zu. Die Verehrung der Zeder verbindet Judentum, Islam und Christentum. In diesem Sinne pflanzte die Christlich-Islamische Gesellschaft Region Stuttgart im Frühjahr eine Zeder im Kurpark Bad Cannstadt zum Zeichen des friedlichen Miteinanders.

Symbolträchtige Zypresse

Als heilig galt vielen Völkern ebenfalls die immergrüne, langlebige Zypresse. Im antiken Weltbild stellte sie eine Verbindung zu den Göttern in der Unterwelt dar. Daher pflanzt man sie heute noch in südlichen Ländern gern auf Gräber. Diese Gewohnheit wurde für christliche Friedhöfe übernommen, Zypressen rahmen häufig Grabmäler ein, und daher wird die Zypresse oft als Totenbaum missverstanden.

Die blauen Blüten des Kleinen Immergrüns erinnern an die Sphäre des Himmels.

Das aufrechte, schlanke Gehölz mit der dichten Verzweigung hat seinen Ursprung im östlichen Mittelmeerraum. Die Wildform besitzt eine breite Krone, beim verbreiteten schmal-pyramidalen Typ handelt es sich anscheinend um eine Varietät, die seit der Antike im gesamten Mittelmeerraum angepflanzt wurde. Heute markieren Zypressenreihen die geschwungenen Horizontlinien in Mittelitalien, und wir kennen sie aus der Provence nicht zuletzt von den Gemälden van Goghs. Zypressenholz ist sehr beständig, man hatte Schiffe, Häuser, Möbel damit gebaut und Gebrauchsgegenstände daraus gefertigt. Die schmal kegelige Form der Zypresse stellte ein altes dekoratives Motiv dar. In der frühen persischen Kunst wird die immergrüne, dunkle Zypresse als Zeichen der Beständigkeit gern dargestellt, häufig ergänzt um den blühenden Mandelbaum, der den Frühling und die Erneuerung, doch ebenso das Vergängliche symbolisiert. Aus dem persischen Reich wurde das Zeichen der Zypresse in alle muslimisch geprägten Länder übernommen. So taucht sie in der Kunst des indischen Mogulreichs ebenso auf wie bei den Mauren in Spanien. Der charakteristische Umriss erscheint auf Tapeten, Teppichen und in Buchillustrationen.

Weitere immergrüne Gehölze symbolisieren langes Leben, etwa Buchs, Wacholder und Lorbeer. In der frühen Kunst des Orients taucht das Motiv des Morgenländischen Lebensbaumes mit gegenständigen Zweigen in stilisierter Form häufig auf. So wurde es in die christliche Kunst aufgenommen und man pflanzte Lebensbäume als Zeichen für die Ewigkeit oft auf Friedhöfen. Eine Reihe aus Lebensbäumen, Zypressen und anderen dunklen Bäumen zeichnet sich im Hintergrund auf der Verkündigung aus den Uffizien ab. Das Ölgemälde stammt in Teilen von Leonardo da Vinci. Ein jugendlicher, doch kraftvoller Erzengel kniet vor der zögerlichen Maria. Rainer Maria Rilke hat zu diesem Bild das Gedicht „Verkündigung – die Worte des Engels“ geschrieben. Jede Strophe endet mit den Worten „du aber bist der Baum“, die der Dichter dem Engel als Ansprache für Maria in den Mund legt.

Dauerhaft und anhänglich

Efeu wächst gut im Schatten, daher sieht man es so oft an Baumstämmen und auf Friedhöfen.

Schon im Altertum galt der Efeu als Zeichen der Unvergänglichkeit. Efeu steht für Liebe und Treue sowie für das ewige Leben. Efeuranken sind ein Sinnbild für das Leben in Christus.

Mit seinen Haftwurzeln hält sich Efeu an seinem Untergrund fest. Dadurch überzieht er Mauern oder Felsen und wächst an Baumstämmen hoch. Da er sich der Unterlage so stark anschmiegt, gilt er seit alters als Sinnbild der Freundschaft und für treue Verbundenheit. Auf frühchristlichen Sarkophagen und auf den Fresken in Katakomben fand man Darstellungen von Efeu. Die frühen Christen betteten ihre Verstorbenen auf Efeublätter und bis heute wird Efeu gern auf Friedhöfen gepflanzt, was nicht zuletzt dadurch begünstigt wird, dass er im Schatten gut gedeiht. Eine Efeudecke auf Gräbern besagt: „Die Seele lebt, auch wenn der Körper tot ist.“ Ökologisch spielt das Blühverhalten eine wichtige Rolle: Efeu blüht seht spät im Jahr, erst im September oder Oktober. Die kleinen gelben Blüten stellen dann eine wichtige Nektar- und Pollenquelle für Insekten dar. Außerdem kann Efeu sehr alt werden, von tausend Jahren ist die Rede. Erst nach Jahrzehnten erreicht eine Pflanze die Blühreife. Sie trägt dann nicht mehr die drei- oder fünffach gelappten Blätter, sondern hat Laub in abgerundeter Rautenform.

Wie der Efeu wächst das Immergrün an schattigen Stellen. Das heimische Kleine Immergrün findet man im Schatten unter Laubbäumen, auf nährstoffreichen, feuchten Böden. Klarblaue bis blaulila Blüten erscheinen im Frühjahr, und da Blau als Farbe des Himmels galt und in der Natur so selten vorkommt, kam der Pflanze schon immer eine gewisse Verehrung zu. Das Immergrün zählt zu den altbekannten Heilpflanzen, dank seiner blutdrucksenkenden und krampflösenden Wirkung. Mit seinen glatten, dunkelgrünen Blättern, die auch im Winter nicht stumpf erscheinen, ergibt es einen äußerst dekorativen Bodendecker, nicht zuletzt für Gräber unter Bäumen.