Gartenpraxis-Rätsel 3
Inszenierte Katastrophe
Englische Landschaftsgärten stellen eine idealisierte Welt dar mit offenen Wiesenflächen, Gehölzgruppen oder markanten Einzelbäumen. Diese Auffassung von Gartengestaltung entstand als Reaktion auf streng angelegte Barockgärten mit zentraler Achse. Der dennoch künstliche Garten nahm das Bild der südenglischen Kulturlandschaft zum Vorbild und sollte so natürlich wie möglich wirken. Mit zum Kanon der Landschaftsgärten gehört ein gestaltetes Arkadien, eine gleichfalls idealisierte Landschaft, wie man sie an den Gestaden des Mittelmeers zu finden glaubte. Der Antike und ihrem Gedankengut wähnte man sich im 18. und 19. Jahrhundert näher als dem vermeintlich düsteren, glücklicherweise überwundenen Mittelalter. Dementsprechend werden Tempelchen von idyllischer Bepflanzung mit mediterranen Anklängen eingerahmt, während Ruinen im gotischen oder romanischen Stil neben bedrohlichen Schluchten und eingefasst von dunklen Nadelgehölzen aufragen.
Ein junger Fürst aus deutschen Landen trat 1763 eine Studienreise in England an, um dort Anregungen für seine eigene Gartenanlage aufzunehmen. Zwei Jahre später bereiste er Italien und war zutiefst beeindruckt vom Vesuv, den er bestiegen hatte und leibhaftig dessen Qualmen und Grollen erfahren konnte. Zurückgekehrt in sein kleines Fürstentum in der Mitte Deutschlands beschloss er, seinen an Attraktionen ohnehin reichen, ausgedehnten Park mit etwas ähnlichem auszuschmücken. So entstand der einzigartige künstliche Vulkan, der 17 m hoch auf einer Insel inmitten eines Sees aufragt, um die Szenerie im Golf von Neapel nachzuvollziehen. Dazu gehörte ein Unterbau aus Basalt mit Gängen und Grotten, die Ausblicke auf das Wasser ermöglichen. Ein nachgebautes antikes Theater und eine reich ausgestattete klassizistische Villa vervollständigen die südliche Szenerie.
Die Besucher konnten die künstlichen Ausbrüche von Booten aus bewundern, die man passend als Gondeln bezeichnete. Bei dem Schauspiel stieg aus drei Kaminen Rauch auf, aus dem Vulkanschlot schlug offenes Feuer, aus dem Kraterbecken erhob sich eine Wasserfontäne, die schäumend in den See stürzte, während Böller und knisterndes Reisig für die Geräuschkulisse und Gänsehaut sorgten. Ein grandioses Spektakel, vor allem nachts. Man kann es heute noch beobachten, denn der wieder instand gesetzte Vulkan darf von Zeit zu Zeit ausbrechen, nachdem er an die 200 Jahre lang, bedingt durch seinen zeitweisen Verfall, geruht hat.
Johann Wolfgang von Goethe schätzte „das Land, in dem die Zitronen blühen,“ ebenso wie den gesuchten Park. Er fand ihn „unendlich schön“.
Wo befindet sich der künstliche Vulkan? Wir geben vier Möglichkeiten zur Auswahl. Senden Sie den Namen oder einfach den Kennbuchstaben an:
A) Wörlitzer Gartenreich
B) Kassel Wilhelmshöhe
C) Eremitage Bayreuth
D) Sanssouci in Potsdam